Häussler trifft die Politik – reger Austausch mit Widmann-Mauz und Kemmer

Ulm. Open-House-Verträge und Ausschreibungen nach dem Hilfsmittelgesetz. Das waren die zentralen Themen eines gut zweistündigen Firmenbesuches am Mittwoch, 05. Juli 2017 der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz, beim Ulmer Gesundheitsdienstleister Häussler. Dort führte die CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Tübingen zusammen mit ihrer hiesigen Kollegin Ronja Kemmer intensive Gespräche mit der Unternehmensleitung. Gegenstand war das Heil- und Hilfsmittelversorgunggesetz (HHVG), das Anfang des Jahres vom Bundestag verabschiedet wurde.

Widmann-Mauz: „Kompressionsstrümpfe, Schuheinlagen, Prothesen und Orthesen bis hin zu Rollstühlen und Hörgeräten werden in einer alternden Gesellschaft immer wichtiger, um die Lebensqualität bis ins hohe Alter zu gewährleisten. Dafür wurde das Hilfsmittelverzeichnis, in dem ca. 29.000 Produkte gelistet sind, in Hinsicht auf Qualität und neue technische Lösungen modernisiert. Dabei profitieren die Patienten gegenüber den Krankenkassen auch von neuen Wahlmöglichkeiten und umfassenderen Beratungsleistungen von Dienstleistern wie Hörgeräteakustikern oder Sanitätshäusern.“

Bei einem Rundgang durch das Zentralgebäude in der Jägerstraße gewannen die Politikerinnen einen Einblick in die handwerklichen Fähigkeiten, die in der Werkstatt beim Bau von Prothesen-und Orthesen benötigt werden. Sie hatten Gelegenheit, sich mit Patienten auszutauschen, die aufgrund von Amputationen unterschiedliche orthopädische Versorgungen tragen. Ferner bekamen sie einen Einblick in die Verwaltung, die unter der immensen und immer komplizierter werdenden Bürokratie leidet. Das Gespräch mit Firmenmitarbeitern war ebenfalls ein wichtiges Element.

„Super spannend“, lautete das Fazit von Widmann-Mauz am Ende des Treffens, und auch Ronja Kemmer sah das so. Sie hatte ihrer Kollegin empfohlen, dieses Vorzeigeunternehmen des Mittelstandes zu besuchen. Der Marktführer im Gesundheitsbereich erzielte 2016 einen Jahresumsatz von € 17 Mio. und versendet jährlich 90.000 Rechnungen. Von Häussler werden derzeit etwa 25.000 Hilfsmittel an Patienten der Region ausgeliehen. Widmann-Mauz MdB hob ihrerseits hervor, dass der Spitzenverband der Krankenkasse vom Gesetzgeber verpflichtet wurde bis Ende 2018 das Hilfsmittelverzeichnis einer systematischen Prüfung zu unterziehen und zu aktualisieren. Dies komme Patienten hinsichtlich der Auswahlmöglichkeiten entgegen und nütze auch innovativen Gesundheitsdienstleistern wie Häussler.

In der regen Diskussion stellten die Häussler-Geschäftsführer Armin Zepf, Alexander Pohl und Hans-Peter Dahlmann sowie die Assistentin der Geschäftsleitung, Lisa Häfner, ihre aktuellen Probleme im Markt dar. Kritisch äußerten sie sich über die sog. „Open-House-Verträge“, also Rechtswerke, die einseitig als Diktat der Krankenkassen verstanden werden und in denen ohne Verhandlung oder Mitsprache die Preise und Konditionen vorgegeben werden. Mit dem Nachteil, dass die Innovation wegen der Sprachlosigkeit beider Parteien auf der Strecke bleibt, die niedrigste Qualität zum Einsatz kommt und damit qualitätsmäßig eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird. Karsten Voigt, Jurist des Einkaufsverbandes Rehavital:“ Wir wünschen uns von der Politik gesetzliche Klarstellungen und die effektive Durchsetzung durch das Bundesversicherungsamt“. Merkwürdige Marktmethoden haben die Häussler-Geschäftsführer auch im Bereich mancher Ausschreibungen nach dem Heil-und Hilfsmittelgesetz (HHVG) bemerkt. Neben einem brutalen Preiskampf sowie kurzen Bewerbungsfristen sind es hier die Einkaufsbedingungen, die als störend empfunden werden. Trotz aller Bemühungen gebe es Krankenkassen, die bei 100% Preis als Zuschlagskriterium blieben, wie kürzlich bei der BKK Bahn mit einer Poolausschreibung oder gar tricksen.

Alexander Pohl brachte die Bedenken auf den Punkt, als er davor warnte, dass hier die mittelständisch geprägt Branche zerstört würde, indem große Unternehmen mit Investorengeldern den Markt abschöpften. Außerdem würde das Sachleistungsprinzip unterwandert, indem so niedrig kalkuliert werde, dass der Gewinner der Ausschreibung eine angemessene Versorgung nur noch durch Zuzahlung des Kunden leisten könne, weil die Margen nicht auskömmlich seien.

Die beiden CDU-Abgeordneten zeigten Verständnis für die schwierige Situation. In seiner Summe habe das Heil- und Hilfsmittelgesetz wichtige Verbesserungen gebracht, erklärte die Parlamentarische Staatssekretärin: „Im Sinne der Versicherten wurden unter anderem die Wahlmöglichkeiten gestärkt. Das gilt auch bei Versorgungsverträgen, die im Wege der Ausschreibung zustande gekommen sind. Damit können Versicherte zwischen verschiedenen aufzahlungsfreien Hilfsmitteln wählen. Wichtig war dem Gesetzgeber, dass bei Ausschreibungen von Hilfsmitteln nicht der Preis das alleinige Zuschlagskriterium ist, sondern gleichgewichtig auch weitere Kriterien zählen, wie etwa die Qualität oder die Zugänglichkeit der Leistung. Darüber hinaus haben wir die Beratungs- und Informationsrechte der Versicherten über ihre Leistungsansprüche und die Versorgungsmöglichkeiten gestärkt.“ Jetzt komme es darauf an, dass die neuen Regeln von den Krankenkassen auch regelhaft und -gerecht angewendet würden. Widmann-Mauz: „Wir werden den Markt und die darin stattfindenden Aktivitäten genau beobachten und über unsere Aufsichtsbehörden auf die Einhaltung der Spielregeln einwirken.“

Text und Foto: Roland Schütter


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